Mantra, Mantra,... Rosenkranz!

23.5.2013

Erlebnis vor kurzem: Ich habe eine Stunde Kundalini Yoga mitgemacht und denke, es waren 90 hervorragende Minuten für den Körper, die Übungen machten wirklich Sinn und ich war angenehm überrascht. Ich kannte vorher nur andere Yoga Arten. Aber: Zu Beginn und am Ende wurde relativ lange immer wieder ein Mantra gesungen, die meisten konnten es auswendig, alle anderen bekamen den Text auf einem Zettel ausgehändigt. Ich kann mich nicht mehr erinnern, denn das war ein richtig langer Text, aber ich erinnere mich an "Sat nam" (angeblich "das wahre ich" die "Identität") und "ad gureh nameh" (irgendwas mit Licht und Dunkel). Es wurde uns erklärt, dass man durch Singen der Mantras einen meditativen Geisteszustand bekommt, der für die Seele gesund sei. Mir ging das leider ziemlich auf die Nerven. Da saßen also nun Damen herum, die meisten so um die 50, und sangen auf einer exotischen Sprache ein Mantra, das sie nicht verstanden. Und soviel ich aus den Gesprächen davor und danach mitbekommen habe, scheint das weitverbreitet zu sein, die Leute besuchen Kurse, singen Mantras, und wähnen sich elitär, weil sie meditieren und in einer exotischen Sprache irgendwelche Laute von sich geben. Und meinen, sie wären auf der Suche nach Erleuchtung und das würde sie seelisch stärken. Und alle waren von dem Mantra Singen ziemlich begeistert.

Wir befinden uns im Monat Mai, der Marienmonat, und so habe ich vor ein paar Tagen eine Marienandacht besucht, eine katholische Veranstaltung, auf der u.a. auch viel auf lateinisch gesprochen und gebetet wurde, außerdem gesungen. Wunderschön. Und fast jeder, dem ich das erzählte, raunte mich an, ob ich denn von gestern wäre, und was das solle, und überhaupt, eine Messe in der lateinisch gesprochen würde, das würde doch keiner verstehen, so ein Unsinn, und dann womöglich noch gregorianischer Gesang...  Ich kann dazu nur sagen, dass diese Leute keine Ahnung haben wovon sie sprechen und sich erst mal selbst ein Bild davon machen sollten.

Das ganze hat mich dann dazu motiviert, so ganz nebenbei im Bekannten- und auch Verwandtenkreis über das Thema zu diskutieren. Interessanterweise stellte ich fest, dass Yoga und fernöstliche Meditation großes Ansehen genießen, man spricht darüber, als wäre es etwas Elitäres, wohingegen auf christliche Gesänge und Gebete geschimpft wurde. Einen Rosenkranz? Wir sind doch nicht von gestern! Aber: Abends im Lotussitz hinsetzen und irgendwelche Mantras vor sich Hinsummen, das bringt’s dann.

In einem Artikel vom 16. Mai auf welt.de steht, dass jeder zweite Westdeutsche schon an Wunder glauben würde, und dass sich immer mehr Deutsche der Esoterik zuwenden, egal ob Wunder oder Geistheiler, Astrologie oder Anthroposophie. Es handele sich um „beispiellos veränderte Weltbilder“.

Letztendlich zeigt das alles nur, dass der Mensch bzw. seine Seele ein Bedürfnis nach Mystik hat, das tief verwurzelt in ihm steckt. Ursprünglich konnte dieses Bedürfnis mit dem Glauben, dem Gebet  und dem Gang in die Kirche gestillt werden. Nachdem die christliche Kirche ihre eigentlichen Inhalte und Formen ständig verändert und an die modernen Zeiten anpaßt, warum auch immer, geht die Mystik verloren und die Kirche verkommt zu einem Platz, an dem man sich trifft, wie in einem Sozialclub. Das ist auch mein persönliches Empfinden, wenn ich versuchsweise in eine normale Messe gehe. Eine englische Kollegin erzählte fröhlich bei der Arbeit, sie ginge sonntags immer in die Kirche, weil es da so „social“ ist, und man sich hinterher zu Kaffee und Kuchen trifft, außerdem gemütlich sitzen kann und lesen. An Gott glauben würde sie aber keinesfallls, sie wäre doch eine studierte Frau.  So schaut’s aus. Und dann geht so eine Person aber von Zeit zu Zeit in eine Meditationsstunde von der Volkshochschule, um etwas Transzendenz zu erleben.

Es würde vom Thema abschweifen, wenn ich hier beginnen würde, über die Kirche, die christliche und die islamische, die jüdische und hinduistische, den Buddhismus und was es sonst so alles gibt zu schreiben, aber trotzdem möchte ich am Rande erwähnen, dass auffällt, dass die christliche Kirche derzeit verkommt und es immer mehr Menschen gibt, die aus christlichen Elternhäusern kommend selbst ihren Glauben verlieren, während z.B. der Islam, der sich nicht dem Modernismus angepaßt hat, weiterhin Bestand hat und sich verbreitet. Es sind auch die Christen, die es nicht schaffen, gegen den Einfluß der Moderne ihren Kindern die ursprüngliche Religion beizubringen, und sich von anderen standhaften Religionen aus ihrem ursprünglichen Revier, dem westlichen Abendland verdrängen lassen. Nachdem die moderne Version der katholischen Kirche nicht besonders überzeugend ist, wandern dann verständlicherweise die „Gläubigen“ ab – in den Atheismus oder zu sonstigen anderen Gruppierungen. Und suchen sich eine Ersatzreligion, wie z.B. die Esoterik, um ihre Seele zu befriedigen.

Viele bezahlen viel Geld, um fernöstliche Meditationstechniken zu erlernen, um Kurse zu besuchen, auf denen man ihnen Mantras beibringt und praktizieren dann in Kursen in der Gruppe oder zu Hause in einem eignes dafür eingerichteten Meditations-Eck.

Es fällt auf, dass diese Techniken sehr an Gebete erinnern, die leider den meisten nicht mehr bekannt sind. Z.B. ist das Rosenkranzgebet in seiner Wirkung auf die Seele und auf die Gesundheit des Körpers mindestens genauso wirksam wie Yoga und die Mantras. Die Wirkung besteht darin, dass man zum Abschalten des wachen Bewusstseins und der Aussenwelt gelangt und man sich in einer gewissen Trance der heilenden Wirkung Gottes zuwendet.

Der Rosenkranz ist eine Perlenschnur. Solche Gebetsschnüre gab es schon vor Christus in Indien, später dann im Sufismus und noch später kamen sie dann ins Christentum. Immer halfen sie, dem Gebet einen gleichmäßigen Rhythmus zu geben.

Im Christentum war der Ausgangspunkt bzw. der Ursprung des Rosenkranzes das Beten der Psalmen. Die Mönche sollten die 150 Psalmen der Bibel beten. Weil viele Laienbrüder weder lesen, noch lateinisch sprechen konnten, erstellte man Gebetsketten und empfahl ihnen, stattdessen das Pater Noster zu beten. Erst später fügte man das Ave Maria ein.

So beginnt der Rosenkranz mit dem Kreuz und endet wieder mit dem Kreuz. Das Kreuz hält alles zusammen, ordnet alles und gibt allem Halt. Dann beginnt der Rosenkranz mit einer großen Ouvertüre: Das Vater unser steht am Anfang und dann wird um die drei großen Tugenden gebetet. Jesus möge in uns den Glauben mehren, die Hoffnung stärken und die Liebe entzünden.

„Der Rosenkranz ist der starke Weg zur seelischen Kraft ... Denn wie willst Du sonst in dieser hektisch-nervösen-nervenschwachen Zeit zum Beter werden? Hast Du wirklich einen besseren Weg zum Gebet? Hast Du eine tägliche satte Dauer des Gebetes?“ und „Beim Rosenkranzbeten wirst Du allmählich ruhig. Die Verkrampfungen der Seele lösen sich; Du bist nicht mehr fixiert auf Deine kleinlichen Sorgen, Ängste und Aggressionen.“ (Dr. Madinger, auf der Seite der Erzdiözese Wien)

Das British Medical Journal berichtete im Jahr 2001 von einer Studie der Universität Pavia, bei der herausgefunden wurde, dass Rosenkranzgebete und Mantras, bei denen sechs Mal pro Minute geatmet wird, positive psychologische und möglicherweise physiologische Effekte hervorrufen.

Unter psychologischen Gesichtspunkten ist das Rosenkranzgebet als repetitives Meditationstraining einzuordnen, obwohl dieser Begriff erst in jüngster Zeit entstanden ist. Die von dem Musikpädagogen Hermann Rauhe und dem Präventivmediziner Gerd Schnack entwickelte Entspannungsmethode des repetitiven Meditationstrainings ist quasi die säkularisierte Form sowohl des Rosenkranzgebets als auch des Jesusgebets, weil sie auf demselben Prinzip  beruht, nämlich der rhythmischen Wiederholung einer Formel, die sich nach und nach an der Atmung  orientiert und bei regelmäßiger Übung sehr positiv auf den Parasympathicus wirkt.(wikipedia)

Man stelle sich nun vor, dass wenn bei Ungläubigen beides dieselbe starke Wirkung hat, bei Gläubigen der Rosenkranz eine noch vielmal stärkere Wirkung ausübt, nämlich nicht nur die Gesundheit des Körpers (Parasympathikus), sondern auch der Seele. Der Gläubige findet darin Glückseligkeit, Beruhigung, Hoffnung, Liebe und Glauben und Zuversicht. Und nicht nur in dem Moment des Betens, sondern diesen Zustand nimmt er mit und er hält und gehört zu seinem Lebensgefühl. Das schafft kein Medikament, keine Droge, keine weltliche Meditation.